HECHTSHEIM/EBERSHEIM -„Wir werden Ostern rauslassen.“ Das betont der leitende Pfarrer der katholischen Pfarrgruppe Mainz-Hechtsheim/Ebersheim, Tobias Geeb, mit Blick auf das aktuelle Versammlungsverbot im Öffentlichen Raum, das Osterfeiern in Kirchen nicht erlaubt. Wie der Pfarrer in einem auf der Hompage der Kirchengemeinden veröffentlichten Interview erklärt, heißt „Ostern rauslassen“ für ihn unter anderem, die Feiern an den Kar- und Ostertagen per Livestream zu übertragen. Er dankt allen Mitgliedern seiner Pfarrgruppe, „die das technisch möglich machen“.
Schon am Palmsonntag, 5. März, werden die Gläubigen an den Türen der katholischen Kirchen von Hechtsheim und Ebersheim gesegnete Zweige zum Mitnehmen finden. Am Abend des Gründonnerstages wird das Allerheiligste Altarsakrament in einem Ziborium durch die Hauptstraßen der beiden Stadtteile getragen. Den ganzen Ostertag lang brennt in den Kirchen die Osterkerze. Deren Licht können die Gläubigen dann mit nach Hause nehmen. Auch wenn durch Livestreams eine Mitfeier möglich ist, empfindet der Pfarrer es dennoch als große Herausforderung, nicht in der gewohnten Weise mit den Gläubigen Gottesdienst feiern zu können. Aber die Liturgie der Kar- und Ostertage werde „kein Rückzug hinter verschlossene Türen“ sein. Die ungewohnten Liturgiefeiern sind nach seinen Worten eher mit einem Weizenkorn zu vergleichen, „das nur deshalb vergraben wird, um aufzugehen“.
In der Bewertung der Coronakrise ist der Pfarrer eher zurückhaltend. „Wir müssen uns jetzt erst mal bewähren“, sagt er. Ihn bewegt die Frage, die Papst Franziskus am Freitag, 27. März vor seinem Segen „Urbi et Orbi“ auf dem menschenleeren Petersplatz gestellt hatte: „Wie konnten wir Menschen glauben, in einer kranken Welt gesund zu bleiben?!“ Sinn könnten die Menschen nur im Blick auf das Kreuz finden, so wie es bei jener Segensfeier zu sehen war: Das mittelalterlich Pestkreuz der Stadt Rom vor dem Petersdom, das keinen Regenschutz hatte. Pfarrer Geeb: „Ich schaue auf Jesus und ich bin mir sicher: Gott lässt uns nicht im Regen stehen, wie wir das oft mit ihm getan haben. Er vergießt vielmehr Tränen über seiner geliebten Welt, die er mehr liebt, als wir das tun.“
Wortlaut des Interviews und Zugang zum You-Tube-Channel der Pfarrgruppe im Internet: bistummainz.de/mz-hechtsheim-ebersheim
Dr. Alfons Waschbüsch
„Wir müssen uns erst mal bewähren“
In dem nachfolgenden Interview nimmt der leitende Pfarrer der Pfarrgruppe St. Pankratius Hechtsheim und St. Laurentius Ebersheim, Tobias Geeb, Stellung zu der besonderen Herausforderung, in diesem Jahr die Kar- und Ostertage in den Gemeinden zu feiern.
Herr Pfarrer Geeb, wie erfahren Sie als Mensch und als Seelsorger die aktuelle weltweite Gesundheitskrise?
Als Mensch mache ich mir Sorgen um die Menschen. Manche haben unendlich viel, Zeit und müssen damit klarkommen, andere müssen Gewaltiges leisten, das über ihre Kräfte geht. Viele haben große Existenzängste. Ich denke auch an meine eigene Familie. Der Abstand ist ungewohnt. Als Seelsorger bin ich dankbar, dass ich vertrauen kann, dass Gott sich um uns sorgt, dass ich mein geistliches Leben weiterleben kann. Die Struktur hilft sehr. Die Eucharistiefeiern ohne Öffentlichkeit sind nun gefüllt mit Gebetsanliegen, die per Mail oder als Zettelnachricht kommen, die ich Gott weitersage. Unsere Sorgen sind Gottes Sorgen!
Was bedeutet für Sie als Pfarrer persönlich die Herausforderung, die Kar- und Ostertage nicht in der gewohnten Weise mit den Mitgliedern feiern zu können?
Herausforderung ist da ein treffendes Wort. Es ist sehr ungewohnt im kleinsten Rahmen zu feiern, auch wenn Livestreams eine Mitfeier möglich machen. Die Liturgie der Kar- und Ostertage wird aber kein Rückzug hinter verschlossene Türen. Ich sehe sie eher so wie ein Weizenkorn, das nur deshalb vergraben wird um aufzugehen.
Auf welche Weise werden Sie die Kar- und Ostertage mit den Gläubigen feiern?
Da es wegen des Versammlungsverbots im Öffentlichen Raum auch nicht möglich ist, mit der Gemeinde in der Kirche Ostern zu feiern, werden wir Ostern raus lassen: Gesegnete Zweige an den Kirchentüren am Palmsonntag, ein stiller Gang mit dem Allerheiligsten Altarsakrament am Gründonnerstagabend durch die Straßen unserer Pfarrgruppe, das enthüllte Kreuz am Karfreitag zur Verehrung, das Licht der Osterkerze, das den ganzen Ostertag brennt und mit nach Hause genommen werden kann. Außerdem übertragen wir die Gottesdienste per Livestream. Da bin ich sehr dankbar für die Menschen unserer Pfarrgruppe, die das technisch möglich machen.
Was liegt Ihnen als Seelsorger in dieser Krise ganz besonders am Herzen?
Meine Gemeinden liegen mir am Herzen. Wichtig ist mir, erreichbar zu sein über die verschiedenen Kanäle, der Schutz meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den drei Kitas und Pfarrbüros. Da ist eine große Geschmeidigkeit im Umgang mit der neuen Situation, wofür ich sehr dankbar bin. Ich versuche Sicherheit zu geben, dass das stimmt, was wir in einem Kinderkirchenlied singen: „Gott hält die ganze Welt in seiner Hand.“
„Wer weiß, wofür es gut ist“. Mit dieser Aussage reagieren viele Menschen zuweilen auf die Erfahrung von unerklärlichem Leid. Könnten Sie darin auch angesichts der weltweite Gesundheitskrise einen Sinn finden? Wenn ja, wieso?
Ich bin zurückhaltend mit der Bewertung der Krise. Wir müssen uns jetzt erst mal bewähren. Die Frage, die Papst Franziskus vor seinem Segen „Urbi et Orbi“ gestellt hat, bewegt mich: Wie konnten wir Menschen glauben, in einer kranken Welt gesund zu bleiben?! Und wir finden nur Sinn im Blick auf das Kreuz, so wie es kürzlich auf dem Petersplatz zu sehen war: Das alte Pestkreuz der Stadt Rom, das im Regen stand. Ich dachte mir, wieso hat da niemand einen Regenschutz gebaut?! Ich schaue auf Jesus und ich bin mir sicher: Gott lässt uns nicht im Regen stehen, wie wir das oft mit ihm getan haben. Er vergießt vielmehr Tränen über seiner geliebten Welt, die er mehr liebt, als wir das tun. “So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat“ (Joh 3,16).