Liebe Mainzerinnen und Mainzer,
„So wie der Mond die Nacht erhellt, strahlt Mainzer Fastnacht in die Welt.“ Unter diesem Motto feiern die Mainzer Narren im Jahre 2018 die Fastnacht. Aus stolzen 400 Vorschlägen für die Fastnachtskampagne 2018 destillierte eine rund 30-köpfige Jury – bestehend aus Fastnachtern, Medienvertretern und vielen Persönlichkeiten des städtischen Lebens – beim Mainzer Carneval-Verein (MCV) das finale Motto heraus… Sie sehen: Schon dem Motto widmet sich eine größere Gruppe, die problemlos auch eine Polonaise durchführen könnte…
Viele Monate mussten wir warten, nun ist es wieder soweit: Die närrischen Tage stehen vor der Tür, viele Sitzungen liegen bereits hinter uns, aber das alljährliche Finale „uff de Gass“ ist immer am Schönsten. Gemeinsam mit allen Närrinnen und Narrhallesen freue ich mich darauf, den Höhepunkt der vierfachbunten Jahreszeit – die Straßenfastnacht – ausgelassen und friedlich in Mainz zu feiern. Trotz, oder gerade wegen der vielen traurigen Nachrichten aus aller Welt, bin ich überzeugt, dass wir Mainzer uns unsere heitere und ausgelassene Art zu feiern weiterhin nicht verderben lassen. Wer fröhlich ist, der macht keinen Blödsinn!
Highlight jeder Kampagne bleibt der Rosenmontag. Ganz Mainz ist auf den Beinen und verwandelt die Innenstadt in ein farbenfrohes, wogendes Narrenmeer. Nachdem uns – und nicht n u r uns, sondern zugleich auch anderen Narrenregionen der Republik — im Jahre 2016 Jahr Petrus einen unvergessen-bitteren Orkan bescherte und einen stürmischen Strich durch die Rechnung gemacht hat, bin ich zuversichtlich, dass sich auch in diesem Jahr wieder der fröhlich vierfarbbunte Lindwurm am Rosenmontag durch die Stadt schlängelt.
Dabei sei hier auch auf das 125-jährige Bestehen der „Eiskalten Brüder“ aus Gonsenheim verwiesen, die 1893 an einem erloschenen Ofen der Gaststätte Ditt nicht nur einen Namen für die frierende Fastnachtsgesellschaft fanden. Denn bei dieser Gelegenheit entzündete sich ein vierfarbbuntes Feuerwerk, das seit nunmehr 125 Jahren die Mainzer Fassenacht erstrahlen lässt. Man sieht: Schon die Gründungsanekdote der Eiskalten Brüder spiegelt das Wesen der Fastnacht wieder, die Verkehrung nämlich. Der Narr wird zum König und wenn der „Ofen aus ist“, dann fängt der Spaß erst an.
Ich freue mich daher besonders, dass ich jüngst nicht nur zum Jubiläum der „Eiskalten“ gratulieren durfte, sondern deren Chef, Karlheinz Hummel, gleich auch noch den Leporello für sei herausragendes Engagement für seine Brüder und die Meenzer Fastnacht zugleich überreichen durfte.
Die Fastnacht ist in Mainz eine historisch tief verwurzelte Institution, ein gewachsener und prägender Identifikationsfaktor für sehr viele Menschen. Mit der politisch-literarischen Fastnacht kann Mainz zudem schon immer auf ein eigentypisches Alleinstellungsmerkmal verweisen, das weit in die Vergangenheit zurückreicht, als das „gemeine Volk“ humorig-forsche Kommunikationsformen ersann, um der Obrigkeit kritische Worte mit auf den Weg zu geben. Die Mainzer Fastnacht ist in der gesamten Republik bekannt und beliebt. Deshalb bedauere ich es weiterhin ausdrücklich, dass man der Empfehlung der Unesco-Expertenkommission nicht gefolgt ist und Fastnacht als nationales Brauchtum in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturgutes aufgenommen hat. Egal ob Karneval, Fastnacht oder Fasching: Das bunte Narren-Treiben in der fünften Jahreszeit sollte in Deutschland zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt werden.
Unsere Fassenacht lebt vom ehrenamtlichen Engagement der Närrinnen und Narrhallesen. Erfreulicherweise sind zahlreiche Mainzerinnen und Mainzer bereit, sich für die Pflege unseres närrischen Brauchtums und den Erhalt unseres städtischen Hochfestes mit Humor und Durchhaltevermögen einzusetzen. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Ohne ihren Einsatz wäre Mainz um eine liebenswerte Tradition ärmer.
Einen dieser vielen Aktiven haben wir 2017 verloren – wo Höhen sind, dort begegnen einem manchenteils auch schwarze Momente: In jedem Jahr kaufen die Mainzer als „Solidaritätsbeitrag“ emsig die Zugplakettchen, weil es sich so schickt. Und bei diesem Wort gilt es kurz innezuhalten, denn da fehlt jemand, der immer dazu gehörte und an der uns schmerzlich fehlt: Im Oktober 2017 starb unser „Plakette-Klaus“. Ohne Klaus Eigenbrodt strahlt die Mainzer Fastnacht trotz des tollen Mottos 2018 etwas gedämpfter.
Ihn tragen wir im Herzen im ersten Jahr ohne seine allgegenwärtigen Verkaufskünste. Klaus verkörperte die enge Verbundenheit zur Fastnacht über unzählige Jahre wie kaum ein Anderer – und schaut wohl von weit droben zu – und wirft ein wenig Konfetti. Ganz ohne Fastnacht geht es auch im Himmel nicht.
Klaus Eigenbrodt war seit 1963 jedes Jahr ab dem 11. November in Mainz unterwegs, bei Sturm und Eis. Auf den Straßen der Altstadt, in Kneipen, Restaurants – überall verkaufte er Zugplakettchen für den Rosenmontagsumzug und wurde so zu einem Mainzer Original. Und unvergesslich.
Deswegen ende ich heute mit einem Vers, der der seine war:
„Jedes Jahr dieselbe Leier, es Geld is knapp, de Zuch is teier.
Drum kaaft Plakettscher, diese schmucke, damit ihr könnt de Zuch ach gucke.“
In unseren Herzen bist Du dabei, Klaus.
Ihr
Michael Ebling