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„Endlich daheim“ Gespräch mit dem leitenden Pfarrer der Gemeinden Laubenheim und Weisenau

Unermüdlich im Einsatz: Christian Nagel, leitender Pfarrer von Laubenheim und Weisenau - Foto: Ulrich Nilles

LAUBENHEIM/WEISENAU – In engem Schulterschluss mit der Bundes- und den Landesregierungen stimmten die großen Religionsgemeinschaften in Deutschland zu, im Rahmen der Corona-Beschränkungen „Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und … anderer Glaubensgemeinschaften“ zu verbieten (PM 96, Montag, 16. März 2020 – BPA). Als Mitte April 2020 Lockerungen der Corona-Maßnahmen diskutiert wurden, erarbeiteten auch die Religionsgemeinschaften Konzepte, um Zusammenkünfte zu ermöglichen. Unter strenger Berücksichtigung der Hygiene- und Abstandsregeln. Über dieses Themenfeld sprach Journal LOKAL mit dem leitenden Pfarrer der Gemeinden Laubenheim und Weisenau, Christian Nagel.

Herr Pfarrer Nagel, Gotteshäuser sind besonders in Notsituationen Zufluchtsorte für Menschen. Wie haben die Menschen auf das Versammlungsverbot reagiert?

Zunächst herrschte tiefe Betroffenheit. Durch die Bildung von Not- und Gebetsgemeinschaften haben sich die Menschen allerdings nie alleine gefühlt. Zum einen waren sie dankbar für die offenen Gotteshäuser. Zum anderen hat das abendliche Glockengeläut weltweit zum gemeinsamen häuslichen Gebet eingeladen. Viele Menschen haben Kerzen in ihre Fenster gestellt. Hier und da wurden musiziert. Das Wichtigste war aber, dass man sich räumlich getrennt im Gebet miteinander verbunden fühlte.

Kirchen bieten Menschen bei dem Verlust von Angehörigen Halt. Geben Sie uns einen Eindruck in solche Trauersituationen.

Aus dem persönlichen Erleben weiß ich, was es zur Zeit heißt, eine solch belastende Situation zu bestehen. Es ist grausam, wenn Sterbende ihren Heimgang ohne den Beistand ihrer liebsten Angehörigen alleine bewältigen müssen. Auf dem Friedhof fehlt die Gemeinde, die das eigene Leid mitträgt. Es durften zeitweise nur vier Personen an der Beisetzung teilnehmen. Was macht zum Beispiel eine mehrköpfige Familie? Um Trauernde in Coronazeiten zu unterstützen, haben wir eine ökumenische Handreichung zum „Erschwerten Abschied in besonderen Situationen“ erstellt …

… womit wir beim nächsten Fragenkomplex sind. Viele Einrichtungen des öffentlichen und privaten Lebens sind zur Überbrückung der Einschränkungen kreativ geworden. Trifft dies auch für die beiden Pfarreien zu?

Ja, das trifft in der Tat zu, wie die folgende Aufzählung zeigen soll:

  • Sonntagsgottesdienste zum Mitfeiern auf Youtube und auf den Homepage-Seiten der beiden Pfarreien, organisiert durch die KJG in Laubenheim und die Ministranten sowie eine Familie in Weisenau
  • Einkaufshilfen, wiederum organisiert und durchgeführt durch KJG und Ministranten
  • Belieferung mit Lebensmitteln an Bedürftige durch den „Brotkorb“ beider Orte
  • interreligiöser Gebetstag am 14. Mai für alle Anliegen der Krisenmonate
  • ökumenische und interkulturelle Sozialberatung, angeboten durch das Netzwerk Weisenau

Auf die Bildung von Gebetsgemeinschaften hatte ich ja schon hingewiesen.

Wie kamen die getroffenen Maßnahmen an?

Sehr gut! Besonders wurde die Arbeit der jungen Menschen wertgeschätzt und sehr gerne angenommen.

Eine Wand voll Auflagen – Foto: Ulrich Nilles

Seit dem 4. Mai dürfen wieder Gottesdienste gefeiert werden. Nennen Sie uns neben den allgemeinen Auflagen die kirchenspezifischen Bedingungen?

Gerne. Zu jedem Gottesdienst sind nur 50 Personen zugelassen. Diese müssen sich vorher anmelden, werden vor Betreten des Kirchenraums auf einer Liste abgehackt und einem Platz zugewiesen. Die Kirchen sind gut durchlüftet, am Eingang stehen Desinfektionsmittel und es herrscht Maskenpflicht im Eingangsbereich. Im Gotteshaus selbst sind die Laufwege sowohl für die Besuchenden als auch im Altarraum durch Markierungen festgelegt. Gemeindelieder sind untersagt. Diese und weitere detaillierte Regeln haben wir gemeinsam mit meinem Mitbruder, Pfarrvikar Peter Sievers und den Räten erarbeitet.

Die Resonanz auf die Wiedereröffnung ist sicherlich positiv. Oder?

Überragend. „Endlich daheim, in der eigenen Kirche, im Wohnzimmer“, waren die ersten Reaktionen. Trotz hoher Auflagen waren das Erleben von Gemeinschaft, das Wiedersehen von Gesichtern und der persönliche (Blick-)Kontakt wieder möglich.

Geben Sie uns einen hoffnungsvollen Ausblick für die nahe Zukunft.

Während der Krise begegnen wir Menschen uns mit mehr Achtsamkeit, Mitmenschlichkeit und Solidarität, ob in Familie, Nachbarschaft oder im Freundeskreis. Ich hoffe, dass diese Werte auch in der Zukunft weitergelebt werden. Dann sind wir nie alleine. Unser Gott geht mit uns!

Herr Pfarrer Nagel, Journal LOKAL bedankt sich für das Gespräch und wünscht Ihnen Gottes Segen bei Ihrer seelsorgerischen Arbeit.

Die Fragen stellte Ulrich Nilles