HARXHEIM „Tausend und ein paar hundert Predigten, 800 Beerdigungen, 500 Konfirmierte, 400 Taufen, 150 Hochzeiten, zigtausende Besuche, Begegnungen, Gespräche, Telefonate und Mails“, anlässlich seines im Juli bevorstehenden Ruhestandes hat Stephan Sunnus, Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde Harxheim-Gau-Bischofsheim, in einem Gemeindebriefartikel die Arbeitsleistung seiner 38 Dienstjahre als Pfarrer in Zahlen gefasst.
Die Menschen auf ihrem Lebensweg seelsorgerlich begleitet
Herborn und Mainz waren die Stationen bevor Pfarrer Sunnus in der rheinhessischen Gemeinde Harxheim-Gau-Bischofsheim „ankam“. Tatsächlich „ankam“, denn hier fühlten er und seine Familie sich wohl. „Ich bin als Pfarrer kein Stadttyp“, erklärt der Vater dreier Kinder, „das ist mir zu anonym. Hier in Harxheim kenne ich die Leute“. Und so hat er es genossen, die Menschen auf ihrem Lebensweg seelsorgerlich zu begleiten von der Taufe, über die Grundschule, die Konfirmation und die Hochzeit. Und auch Beerdigungen sind hier keine anonymen Angelegenheiten.
Auf der Kanzel in die verschiedensten Rollen geschlüpft
Mehr und mehr aber, so Pfarrer Sunnus, werden auch Harxheim und Gau-Bischofsheim mittlerweile zur „Suburbia“ vom Rhein-Main-Gebiet. Die Zuzügler integrieren sich lange nicht mehr so gut wie früher und längst bilden die Kirchenmitglieder im Dorf nicht mehr die Mehrheit. „Meine Generation“, das weiß er, „hat den Niedergang der Volkskirche erlebt.“ Dieser Entwicklung hat Stephan Sunnus seine Nahbarkeit entgegengestellt. Fastnachts- und Kerbegottesdienste gehörten für ihn neben den hohen Feiertagen zu den Highlights des Jahres. Sie gaben ihm den Anlass, auf der Kanzel in Rollen zu schlüpfen wie den „Kerschner Klaus“, den „theologischen Erklärbär“ Pfarrer Felix oder gar in der Kirche lange Stoffbahnen zu drapieren und diese z. B. in eine geteilte Kirche zu verwandeln – der rosa Stoff markierte die Seite der Frauen, der blaue die der Männer.
Gerne hat er in der Grundschule Religion unterrichtet und als guter Sänger immer wieder versucht, den Gemeindegesang zu fördern. Dabei hatte er immer im Blick, die Botschaft Gottes so zu verkünden, dass die Leute sie auch verstehen. „Ich wollte nie etwas anderes als Gemeindepfarrer sein“, erklärt er und bescheiden fragt er sich in einem seiner letzten Gemeindebriefartikel, wie man wohl den Erfolg bei „uns Pfarrern“ messen kann. Und beantwortet diese Frage: „Das weiß Gott allein. Unsereinem ist es verborgen. Und wer das nicht weiß, ist kein guter Pfarrer.“ Wichtig sei, „dass Gott seinen Segen dazu tut, aber das habe ich nicht in der Hand“.
Was kommt, nachdem er das „Staffelholz des Glaubens“ abgegeben hat?
Für Planungen nach seinem Abschied aus dem Beruf – am 2. Juli 2023 wird er von Pröpstin Henriette Crüwell in der Harxheimer Kirche entpflichtet – blieb ihm bisher nur wenig Zeit. Klar ist, er wird aus Harxheim wegziehen – allein um seiner Nachfolgerin bzw. seinem Nachfolger nicht ins Handwerk zu pfuschen. Mehr Zeit für den Sport will er sich nehmen. Immerhin betreibt er Tischtennis noch als Leistungssport in einer Mannschaft. Ohne Zeitdruck die französische Atlantikküste bereisen und – endlich – „vernünftig“ Schreibmaschine schreiben lernen. Bevor Stephan Sunnus, wie er sagt, „das Staffelholz des Glaubens“ aus der Hand gibt, kann sich seine Gemeinde aber noch einmal auf einen ganz besonderen Gottesdienst freuen: Zum 150-jährigen Jubiläum der Harxheimer Kirche wird er ein Interview mit der Kirche führen. Sunnus‘ Oppenheimer Kollegin, Pfarrerin Manuela Rimbach-Sator, wird den Part der Jubilarin aus dem Off sprechen.
Red