BODENHEIM – Wie steht es in Zeiten des Klimawandels eigentlich um die Wassersicherheit in Rheinland-Pfalz, speziell in Rheinhessen? Ist die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser überhaupt noch gesichert? Welche Maßnahmen können Kommunen ergreifen, um Wasser auch zukünftig noch in ausreichendem Maß und gesundheitsverträglicher Qualität zur Verfügung zu stellen?
All diesen Fragen ging kürzlich Dr. Cornelia Frings in ihrem Vortrag „Wassersicherheit als kommunalpolitische Herausforderung in Zeiten des Klimawandels“ im Kulturkeller des Bürgerhauses auf Einladung der Grünen in Bodenheim nach. Frings forscht seit einigen Jahren für das Institut für Politikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz zur Wassersicherheit in Rheinland-Pfalz. Und die Forscherin beschränkte sich in ihrem Vortrag nicht auf Wasser als wichtige Lebensquelle. Sie nahm auch Stellung zu den zunehmenden Gefährdungen durch Starkregenereignisse und beleuchtete anhand eindrücklicher Beispiele die „dunkle Seite“ des Wassers.
Sauberes Trinkwasser steht uns jederzeit zur Verfügung – bisher jedenfalls. In Privathaushalten kommt es aus dem Hahn, darüber machen wir uns keine Gedanken. Wir nutzen es zum Trinken, Kochen, Waschen, Duschen, für die Toilette, zur Gartenbewässerung und füllen unsere Pools damit. Die Industrie braucht Wasser für ihre Fertigungsprozesse, als Kühlwasser, als Nahrungsquelle, für Transportwege. Die meisten Menschen denken wohl erst über Wasser nach, wenn es einmal nicht in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung steht.
Ein gravierendes Beispiel dafür ist die Stadt Frankfurt am Main. Bereits im März 2016 titelte die FAZ: „Wasserkonflikt rund um Frankfurt: Riedwald versteppt für Frankfurter Wasser“. Die Main-Metropole fördert ihr Trinkwasser zu 30 Prozent im Stadtwald, der Rest kommt aus dem Vogelsberg und dem Hessischen Ried, mit verheerenden Folgen für die dortige Vegetation und das Grundwasser. Im Juni 2021 war die Stadt kurz vor einer Trinkwasserkrise, die längst nicht behoben ist.
Aktuelle Beispiele für die „dunkle Seite des Wassers“ seien laut Frings beispielsweise die Ahrtal-Katastrophe im Sommer 2021, das Starkregenereignis am 16. August 2023 in Bodenheim, die Überflutungen im Saarland im Mai 2024 und in Österreich am 15. September 2024. Und es komme nicht nur auf die zerstörende Menge des Wassers an, so Frings: „Auch die Wasserqualität spielt eine wichtige Rolle für Mensch und Natur, wie das massenhafte Fischsterben im Sommer 2022 in der Oder zeigte. Es wurde von Seiten der Behörden bisher nichts unternommen, um die Wiederholung eines solchen Sterbens zu verhindern.“ Als weitere Beispiele für Gesundheitsgefährdung nannte sie die Belastung des Wassers durch Stickstoff, Phosphor, Arzneimittelrückstände und Mikroplastik.
Deutschland hat in den letzten 20 Jahren durchschnittlich 760 Mio. Tonnen Wasser pro Jahr verloren. Frings warnte: „Noch besteht in Deutschland keine generelle Wasserknappheit. Aber: Die Grundwasserspiegel sinken und es gibt jetzt schon regionalen und saisonalen Wassermangel.“ Die Forscherin betonte, dass der menschengemachte Klimawandel an dieser fortschreitenden Entwicklung schuld sei: „Die Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes zeigen, dass wir in den Jahren von 1881 bis 2022 im Naturraum Rheinhessen einen signifikanten Temperaturanstieg von 1,8 Grad Celsius zu verzeichnen haben.“ Dieser Anstieg übertrifft die zu verkraftende Prognose von 1,5 Grad Celsius bereits deutlich.
Frings weiter: „Rheinhessen ist ein Klima-Hotspot. Die Region kann in den kommenden drei Jahrzehnten besonders stark von klimatischen Extremereignissen, wie Hitzeperioden, Trockenheit, Starkregen betroffen sein.“ Die im Hitzecheck der Deutschen Umwelthilfe am schlechtesten bewerteten Städte sind Ludwigshafen, Worms und Mainz. Gründe dafür seien insbesondere menschliche Eingriffe in den natürlichen Wasserkreislauf in fast allen Lebensbereichen: Landwirtschaft, Verkehr, Kanalisierung von Gewässern, Versiegelung durch Städtebau und vieles mehr.
Die Forscherin zitierte aus dem Wasserversorgungsplan Rheinland-Pfalz aus September 2023: „Bei anhaltendem Klimawandel ist damit zu rechnen, dass das nutzbare Grundwasserangebot zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung ohne weitere Maßnahmen nicht mehr ausreichen wird.“ Im Publikum zeigten sich zu diesem Zeitpunkt des Vortrags Betroffenheit und Ratlosigkeit. Fragen wurden laut, wie denn die Politik zu diesem Szenario stehe und welche Maßnahmen gegebenenfalls geplant seien. Es gäbe Grund zur Hoffnung, so die Forscherin, denn: „Im September letzten Jahres präsentierte das Land RLP wegen eines Anpassungsgesetzes der Bundesregierung zur Nationalen Wasserstrategie einen ersten Entwurf „Zukunftsplan Wasser“.“
Beteiligt sind neben Naturschutz, Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Industrie auch die Kommunen. Die finale Fassung bleibe allerdings abzuwarten. Alle Kommunen werden darin verpflichtet, Klimaanpassungskonzepte zu entwickeln. Wie könnten die Maßnahmen der Kommunen nun konkret aussehen? Frings nannte zunächst drei Schwerpunkte, die zeitnah in Angriff zu nehmen seien: zum einen eine ausreichende Dimensionierung der Kanalsysteme, dann die Verbesserung des Wasserrückhalts in der Fläche und zu guter Letzt die bessere Ausschöpfung der Wassersparpotenziale. Der Umgang mit knapper werdenden Ressourcen müsse nachhaltiger gestaltet werden.
Recht einfach umzusetzen seien mehr Gründächer, Regenwassergärten, Regenwasserspeicher und -recycling, versickerungsfähiges Pflaster, Entsiegelung von Flächen und Renaturierung von Bächen. Frings mahnte: „Die Devise lautet: „grün statt grau“, auf Dächern, beispielsweise durch mehr Grünstreifen, durch die Anpflanzung möglichst vieler Bäume. Viele grüne Oasen sollten die Innenstädte bereichern und die Bewohner schützen.“ Sie gab auch weitere Hinweise für die Kommunen, um die Bevölkerung im Umgang mit Wasser zu sensibilisieren, gab aber zu, dass private Haushalte eher wenig Einsparpotenzial hätten.
Die rund 30 Interessierten im Kulturkeller haben an diesem Abend viel Wissen zum Element Wasser, seinen Wohltaten, aber auch seiner Zerstörungskraft mitgenommen. Und sie hatten im Zuschauerraum auch einen Fachmann in Sachen Wasser entdeckt: Ronald Roepke, den Geschäftsführer der Wasserversorgung Rheinhessen-Pfalz GmbH, der sich ebenfalls aus beruflichen Gründen intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Auf Nachfragen des Publikums bestätigte Roepke die Aussagen der Referentin in allen Punkten. Entwarnung gab er allerdings beim Thema „Qualität des Trinkwassers in der Region“, das manchen Zuhörer umtrieb: „Trinkwasser ist unser bestkontrolliertes Lebensmittel.
Sie brauchen kein Mineralwasser, wohlmöglich in Plastikflaschen, das transportiert und geschleppt werden muss. Trinken Sie beruhigt unser Leitungswasser, damit sparen Sie noch dazu eine Menge Kohlendioxid.“ Frings gelang es an diesem Abend sichtlich, das Publikum für das zukunftsträchtige Thema „Wasser – Lebenselixier und gleichzeitig tödliche Bedrohung“ zu sensibilisieren.