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Stadtwerke erhalten jede Menge neue Kunden Froh ist das Unternehmen über die Folgen des entfesselten Energiemarktes nicht

RÜSSELSHEIM – Die Stadtwerke Rüsselsheim haben in den vergangenen vier Wochen rund 1200 neue Strom- und Gaskunden dazu bekommen. „Das sind die Folgen des entfesselten Energiemarktes, und über diese Entwicklung können wir nicht froh sein,“, sagt Geschäftsführer Hans-Peter Scheerer. Die neuen Kunden sind nicht freiwillig zu den Stadtwerken gewechselt, sondern in die Grund- und Ersatzversorgung gefallen, weil ihr bisheriger Anbieter die Energielieferung eingestellt hat.

Die Preise in der Grund- und Ersatzversorgung sind aktuell für Neukunden mehr als doppelt so hoch wie die Tarife, zu denen die Bestandskunden der Stadtwerke ihre Energie beziehen. „Das gefällt weder den Neukunden noch uns, denn wir möchten Tarife zu vertretbaren Preisen anbieten“, erklärt Thomas Gapp, Bereichsleiter Kunden und Vertrieb. „Doch gegenwärtig können wir aktiv für Neukunden keine Tarife außer der Grund- und Ersatzversorgung anbieten.“

Der Grund dafür liegt an den Einkaufspreisen für die Energie, die eine nie für möglich gehaltene Größenordnung erreicht haben, wie ein Blick auf den Großhandelspreis an der Leipziger Energiebörse EEX von Mai bis Dezember zeigt: Beim Gas explodierte der Preis für eine Megawattstunde von 20 auf mehr als 110 Euro, beim Strom von 60 auf über 300 Euro. Wenn sich der Preis verfünffacht, steigen immer mehr Unternehmen aus. Laut Bundesnetzagentur sind 2021 insgesamt 39 Energielieferanten aus dem Energievertrieb ausgeschieden.

Anders als bei Handy oder Internet, wo bei einem Anbieterwechsel der Kunde bisweilen in die Röhre schaut, ist beim Strom und Gas immer die Versorgung gesichert. Dafür sorgt der Grundversorger. „Das ist gesetzlich geregelt, damit niemand im Dunklen oder im Kalten sitzt“, erläutert Bereichsleiter Thomas Gapp. Für das Netzgebiet Rüsselsheim sind die Stadtwerke Rüsselsheim der Grundversorger.

„Als der Gesetzgeber die Grund- und Ersatzversorgung festlegte, hatte er nicht vor Augen gehabt, dass diese Schutzmaßnahme einmal so aus den Angeln gehoben wird“, ist Hans-Peter Scheerer überzeugt. „Es kann durchaus sein, dass Billiganbieter jetzt ihren Kunden die Verträge kündigen und im Sommer, wenn die Energiepreise hoffentlich fallen, mit neuen Dumpingpreisen auf den Markt zurückkehren.“

Die Verbraucherzentrale Hessen prüft rechtliche Schritte gegen die Kündigung von Strom- und Gaslieferungsverträgen durch die Unternehmen Stromio und gas.de. Die Verbraucherschützer wollen damit Kunden davor schützen, dass sich Billiganbieter beim Einkauf verkalkuliert haben.

Jürgen Gelis
Stadtwerke Rüsselsheim GmbH