RÜSSELSHEIM – Seit dem 1. März 2021 wird am Flughafen Frankfurt in mehreren Phasen das Anflugverfahren Segmented Approach im Probebetrieb getestet. So soll geprüft werden, ob dieses Flugverfahren geeignet ist, zu einem späteren Zeitpunkt in den Regelbetrieb überführt zu werden.
15 betroffene Kommunen rund um den Flughafen haben sich nach Inbetriebnahme des Probebetriebs im März vergangenen Jahres zusammengetan, um sich gemeinsam dagegen zu wehren. Sollte der Probebetrieb tatsächlich in den Regelbetrieb übergehen, befürchten sie eine weitere Verlärmung der Gebietskörperschaften, die sich unterhalb der Anflugroute befinden. Zur Gruppe der betroffenen Kommunen gehören Städte und Gemeinden aus den Landkreisen Offenbach, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und Mainz-Bingen: Babenhausen, Bodenheim, Dietzenbach, Erzhausen, Hainburg, Heusenstamm, Mainhausen, Nackenheim, Neu-Isenburg, Obertshausen, Rödermark, Rodgau, Rüsselsheim am Main, Schaafheim und Seligenstadt. Sie haben eine gemeinsame Resolution ausgearbeitet, die jeweils von den kommunalen Gremien beschlossen wurde oder kurz davor steht beschlossen zu werden. In dieser Resolution wird der Segmented Approach abgelehnt, weil eine deutliche Lärmzunahme zu erwarten ist. Daneben werden neue Hochbetroffene – bei einer zeitgleich sehr geringen Entlastung von Städten wie Offenbach und Mainz – erwartet.
Muster-Verfahren gegen den Segmented Approach
Als nächster Schritt werden nun rechtliche Schritte gegen den Probebetrieb, der momentan bereits in einer zweiten Phase weitergeführt wird, eingelegt. Stellvertretend für die 15 Kommunen treten die Städte Heusenstamm, Neu-Isenburg und Rüsselsheim am Main als „Muster-Klägerinnen“ auf. Ziel ist es, den Probebetrieb zu stoppen und so die mit dem Segmented Approach einhergehende Lärmverschiebung zu Lasten der 15 Kommunen schnellstmöglich zu unterbinden.
„Wir vertreten rund 350.000 Bürgerinnen und Bürger mitten im Rhein-Main-Gebiet“, so Heusenstamms Bürgermeister Steffen Ball stellvertretend für die Gruppe der 15 Kommunen. „Bislang konnten unsere Bedenken bezüglich des Anflugverfahrens nicht ausgeräumt werden, und so bleiben wir alles in allem bei unserer Argumentationslinie. Es ist nur konsequent, dass wir jetzt gerichtliche Schritte gegen den erweiterten Probebetrieb des Segmented Approach einleiten.“
Die Hauptargumente der 15 Kommunen gegen den erweiterten Probebetrieb sind:
- Ein ganztägiger Probebetrieb des Segmented Approach ist rechtswidrig, da er von der Rechtsordnung nicht abgedeckt ist.
- Der Segmented Approach schafft neue Betroffene in Gebieten, die vorher in den meisten Fällen noch nicht oder wenig unter Fluglärm zu leiden hatten. Diese Neubetroffenen verfügen nicht über die Möglichkeit, per Gesetz passiven Lärmschutz zu beantragen. Die gesundheitsrelevanten Faktoren, wie zum Beispiel „Nächtliche Aufwachreaktionen“, nehmen zu.
- Neubetroffene fühlen sich durch neue Lärmbelastungen erheblich mehr belästigt als Altbetroffene. Eine geringe Lärmentlastung, wie beispielsweise für Offenbach prognostiziert, wird von der dortigen Bevölkerung nicht wahrgenommen.
- Eine isolierte Betrachtung des Fluglärms deckt nicht die tatsächliche Lärmbelastung durch weitere Lärmimmissionen ab und sollte zwingend bei der Beurteilung der Lärmimmissionen berücksichtigt werden. Bereits bestehender Schienen- und Straßenlärm verlärmt bereits jetzt weite Bereiche unserer Wohngebiete.
- Der Segmented Approach ist nicht fliegbar. Auch in der zweiten Phase des Probebetriebs zeigen die erste Ergebnisse, dass bei zunehmendem Verkehr und paralleler Abhängigkeit der Landebahnen nur eine geringe Zahl der Anflüge über den Segmented Approach abgewickelt werden kann.
- Forderung nach verstärkten Anstrengungen des aktiven Schallschutzes (unter anderem steileres Anflugverfahren, Erhöhung der Spurtreue, und so weiter).
„Unserer Meinung nach überwiegen die Nachteile eindeutig die geringfügigen Vorteile des Flugverfahrens. Wir können nachvollziehen, dass Städte wie Offenbach und Mainz den Segmented Approach befürworten. Und selbstverständlich sind wir ebenfalls für eine Reduzierung des Fluglärms, aber nur, wenn alle davon profitieren,“ ergänzt Dirk Gene Hagelstein, Bürgermeister in Neu-Isenburg.
Abschließend lobt Udo Bausch, Oberbürgermeister in Rüsselsheim am Main, die aktuellen Schritte: „Die große kommunale Solidarität untereinander ist vorbildlich, schließlich soll es überall leiser und nicht lauter werden“.
Magistrat der Stadt Rüsselsheim am Main
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