Start Rheinhessen/Mainz Historisches Unwetter über Bodenheim Umwelt >>> Fragen an die Gemeindeverwaltung

Historisches Unwetter über Bodenheim Umwelt >>> Fragen an die Gemeindeverwaltung

Schwer in Mitleidenschaft geraten: der Hermann-Weber-Saal im Bürgerhaus Dolles. Foto: Ortsbürgermeister Thomas Becker-Theilig

BODENHEIM – Es waren Bilder, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Überflutete Straßen, vollgelaufene Keller, Wasserschäden auch in oberen Gebäudegeschossen und Autos, die zu der Windschutzscheibe im Wasser standen. Doch diese Bilder stammen in der Regel aus den Alpen, aus Südfrankreich oder aus asiatischen Katastrophengebieten. Aber hier, mitten in Bodenheim?

Dieses Unwetter hat unter anderem dazu geführt, dass sorgenvolle Fragen aus der Bürgerschaft an die Gemeindeverantwortlichen gerichtet wurden, die diese mit z.T. selbst recherchierten Antworten versuchen zu beantworten:

Ist das Kanalsystem grundsätzlich noch ausreichend dimensioniert?

Antwort: Für das Kanalsystem ist der Wirtschaftsbetrieb Mainz – Bereich Entwässerung zuständig. Nach deren Angaben ist das Bodenheimer Kanalnetz gemäß den gesetzlichen Vorgaben für ein 3-jähriges Niederschlagsereignis (ca. 20-25 Ltr/m²/h) ausgelegt. Für derart große Niederschlagsereignisse, wie geschehen, kann kein „Kanalsystem der Welt“ ausgelegt sein.

Verhinderten ggf. voll gefüllte Schmutzfänge in den Straßeneinläufen einen besseren Ablauf?

Antwort: Die Schmutzfänge werden turnusmäßig ein- bis zweimal im Jahr von einem beauftragten Dienstleister geleert. An den bekannten Problem- und Schwachstellen überprüft der Gemeindebauhof regelmäßig die Straßeneinläufe und leert diese auch außerhalb der turnusmäßigen Leerung. Die Schmutzfänge befanden sich im normal gepflegten Zustand. Im vorliegenden Fall hätten zum Schadensmoment auch gänzlich geleerte Schmutzfänge keine Wirkung gezeigt.

Wurden die beiden Pumpwerke 1 und 2 (in der Rheinallee) am Unwetterabend überhaupt rechtzeitig eingeschaltet?

Sobald ein bestimmter Wasserstand im Kanalbauwerk erreicht ist, schalten sich die Pumpwerke 1 und 2 automatisch ein und transportieren das Wasser in ein Rückstaubecken und im Bedarfsfall in den Graben entlang der Seurre-Allee und in den Fichtenweg. Die beiden Gräben wirken somit beim Bedarfsfall als naturnahes Rückstaubauwerk. Pumpwerk 1 und Pumpwerk 2 waren am Abend des 16.8. von Anfang an in Betrieb.

Welche Maßnahmen wurden seitens der Verwaltung im direkten Nachgang zum Unwetter durchgeführt?

Antwort: Am darauffolgenden Tag entfernte der Bodenheimer Gemeindebauhof das im Straßenraum angehäufte Schwemmgut und in den Schmutzfängen der Straßeneinläufe angesammelte Schwemmgut.

Können die von den Feuerwehreinsatzkräften in der Unwetternacht gesammelten Erfahrungen genutzt und ausgewertet werden?

Antwort: Die Einsatzerfahrungen wurden vom Personal der Feuerwehreinsatzzentrale gesammelt, gesichert und aufbereitet. Zudem wurde ein Übersichtslageplan der Einsatzstellen mit dem Ziel angefertigt, daraus räumliche Wirkungsweisen ableiten zu können. Zudem fand unmittelbar am Donnerstagmorgen ein Meeting des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde, des FEZ-Personals und zwei technischen Mitarbeitern der Mainzer Entwässerungsbetriebe zu den Einsatzorten und gezielten entwässerungsspezifischen Fragen statt. Der Wirtschaftsbetrieb wertet die Einsatzkarten zudem unter hydraulischen Fragestellungen aus.

Welche perspektivischen Schlüsse ziehen die Verwaltungen von Verbandsgemeinde und Gemeinde aus den aktuellen Hochwassererfahrungen?

Antwort: Für eine abschließende Bewertung ist es noch zu früh. Da sich derartige Ereignisse künftig häufen können, darf es keine Denkverbote geben. Allerdings wäre es illusorisch zu hoffen, dass man jegliche Hochwasser-Schädigungen künftig technisch verhindern könne.
Verbands- und Ortsbürgermeister haben dennoch mit den Verantwortlichen des Wirtschaftsbetriebs Mainz bereits für Anfang September einen ersten Termin zum erweiterten Gedankenaustausch vereinbart.

Gibt es aktuelle oder anstehende Straßenbaumaßnahmen etc. , bei denen die Gelegenheit für Entlastungsbauwerke im Hochwasserfall genutzt werden können?

Antwort: Viele dieser Möglichkeiten gibt es nicht. Jedoch wird bei der ab 2025 vorgesehenen Ausbaumaßnahme der L 431 über mögliche Entlastungsbauwerke etc. in den besonders betroffenen Bereichen von Wormser Straße und Rheinstraße nachgedacht.

Auf welche Weise können vom Hochwasser betroffene BürgerInnen ihren zerstörten Hausrat entsorgen?

Antwort: Mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb konnte Einigung für die betroffenen Bürger für eine zeitnahe und großzügige Abholungspraxis über das weiterhin gültige Sperrmüll- Anmeldesystem (siehe Abfallfibel oder 06131/124350) gefunden werden.

Wie kann sich jede Bürgerin/jeder Bürger selbst vor solchen Wasserschäden schützen?

Antwort: Ab dem Übertritt auf das Privatgelände ist jede Grundstückseigentümerin/jeder Grundstückseigentümer selbst für die Eigenvorsorge verantwortlich. Der Einbau von Rückschlagklappen bzw. deren regelmäßige Wartung und Erhalt der Funktionsfähigkeit verhindert zumeist das Schlimmste. Bestehende Wassereintrittsstellen (niveaugleiche Fenster, Zugangstüren in tiefer liegenden Grundstücksbereichen) stellen Gefahrenstellen dar. Der Zufluss von überflutendem Straßenwasser auf das Grundstück und vor allem auf tief gelegene Grundstücksbereiche mit sich anschließenden Gebäudeteilen können durch Durchflussschwellen etc. geschützt werden. Dem Abschluss von Elementarversicherungen wird aus Sicht der Grundstückseigentümer künftig ohnehin eine immer größere Bedeutung zukommen.

Zuletzt sollen diese sachlichen Schilderungen keinesfalls emotionslos über die erlittenen Schäden und Verluste hinweggehen. Die Gemeinde kann als selbst Geschädigte sehr intensiv mit allen, die Schäden durch die Wassermassen erlitten haben, mitfühlen. Trotzdem und gerade deswegen sind sowohl die Hinweise für zukünftige Vorsorge auf privater und gemeindlicher Ebene erforderlich.

Danken möchte die Ortsgemeinde allen, die ihren Nachbarn und Mitbürgerinnen /Mitbürgern gegenüber zu Hilfe eilten.Dies gilt in ganz besonderem Maße den Feuerwehrkräften, die die ganze Nacht an ca. 80 Einsatzstellen tätig waren und auch am nächsten und übernächsten Tag noch wiederholt zu Einsatzstellen gerufen wurden, für ihren unermüdlichen und selbstlosen Einsatz. Die Unterstützung durch die Besatzungen von vier Fahrzeugen der Ingelheimer Wehr und durch den stellvertretenden Brand- und Katastrophenschutzinspekteur vor Ort kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Der Dank gilt auch dem OB der Stadt Ingelheim und deren Feuerwehrkameraden für die interkommunale und menschliche Hilfeleistung.

Red

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