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Der 7. Juni 1969 – Ein schwarzer Tag (?) Vor 50 Jahren verloren die Dörfer Ebersheim, Hechtsheim und Laubenheim ihre Selbständigkeit

Ein nachdenkliches Dokument - Archiv: Jupp Heck
Das Laubenheimer Ortsschild am Tag
der Eingemeindung mit Trauerflor. Im Hintergrund das alte Laubenheimer Ortsschild – Foto: Karl Heil (Archiv Jupp Heck)

LAUBENHEIM/ HECHTSHEIM/ EBERSHEIM – Liest man den Terminkalender der Stadt Mainz vom Juni 2019, so fallen eine Reihe von Veranstaltungen zum Thema „50 Jahre Eingemeindung“ ins Auge, beginnend am 6. Juni im Mainzer Stadtarchiv mit dem Thema „Liebesheirat oder Zwangsfusion?“. Was war vor 50 Jahren geschehen?

Am 7. Juni 1969 verloren die Dörfer Ebersheim, Hechtsheim und Laubenheim ihre Selbständigkeit an die Stadt Mainz, die insgesamt fünf neue Vororte erhielt. Über Nacht wuchs die Bevölkerung der Goldenen Stadt am Rhein um mehr als 23.000 Menschen an. Die Fläche der Stadt vergrößerte sich um knappe 5.000 Hektar, einer Fläche, die in etwa den nach 1945 verloren gegangenen rechtsrheinischen Mainzer Stadtgebieten entsprach.

Dieser Eingemeindung lag das „4. Verwaltungsvereinfachungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz“ zugrunde, die ca. 300.000 Bürgerinnen und Bürger im ganzen Bundesland betraf. Begründet wurde das Gesetz damit, dass Städte wie Mainz aus allen Nähten platzten, Randgemeinden großräumige Entwicklung etwa von Gewerbegebieten hemmten und die kleinen Gemeinden nicht mehr in der Lage seien, ihren kommunalen Aufgaben nachzukommen, so „Der Spiegel“ vom 13. Dezember 1968 (Seite 58).

Lautlos verlief dieser Verwaltungsakt aber keineswegs: 92 % der Hechtsheimer lehnten bei einer Bürgerbefragung 1968 die Vereinnahmung ihrer Gemeinde ab. In Laubenheim waren es gar 95 %. Man argumentierte u. a. damit, dass durch die Zwangseingemeindung nur die Schuldenlast der Stadt Mainz kompensiert werden solle. Die Pro-Kopf-Verschuldung von Hechtsheim lag 1969 bei einem kleinen dreistelligen Betrag, während Mainz nach Kaiserslautern die Spitze der verschuldeten Städte in der Republik anführte. Auch die Zusicherung der Stadt, bis 1974 ein Schwimmbad zu bauen, konnte die Hechtsheimer nicht versöhnlich stimmen.

Die Eingemeindungen wurden per Dekret durch die damalige Landesregierung vollzogen.

Und wie sieht es 50 Jahre später aus?

Die Hintergründe der Verwaltungsreform sind weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Die Einwohnerzahlen der drei Stadtteile haben sich mehr als verdoppelt. Der dörfliche Charakter der Ortskerne ist einem eher vorstädtischen Gesicht gewichen. Zug um Zug ist die Bebauung rund um die Ortskerne sprunghaft angestiegen und diese Wohngebiete können heute zurecht als Filetstücke des Zuzugs nach Mainz angesehen werden. Die verkehrstechnische Anbindung des ÖPNV an die Stadt Mainz und das Straßennetz haben sich erheblich verbessert. In Hechtsheim ist ein labyrinthisches Gewerbegebiet entstanden, das seinesgleichen sucht. Wein- und Obstbau prosperieren in Ebersheim und Laubenheim. Alle drei Ortschaften haben eine Vereins- und Festkultur (weiter-)entwickelt, die sich über die Region hinaus großer Beliebtheit erfreut. Und die Bildungs- und kommunalen Einrichtungen entsprechen in der Summe städtischen Standards.

Zweierlei hat sich allerdings nicht geändert: die Hechtsheimer warten immer noch auf das versprochene Schwimmbad. Und die Stadt Mainz belegt bundesweit nach wie vor einen Spitzenplatz bei der Pro-Kopf-Verschuldung; hinter Kaiserslautern.

Ulrich Nilles

Laubenheim damals … (Hans-Zöller-Strasse/Ecke Glotzbachhohl) – Foto: Adam Leineweber (Archiv Jupp Heck)
… und heute – Foto: Jupp Heck