SchUM-Städte am Rhein – Jüdisches Erbe für die Welt

Sicher haben Sie das Wort „SchUM“ schon einmal in der Zeitung gelesen oder davon gehört. Und vielleicht haben Sie sich dann gefragt, was dieses seltsame „SchUM“ eigentlich bedeuten soll. Neu ist das Wort jedenfalls nicht, sondern schon 1000 Jahre alt. Und eigentlich ist es auch gar kein Wort, sondern eher eine Abkürzung.

Sie steht für die bedeutenden jüdischen Gemeinden des Mittelalters von Speyer, Worms und Mainz. Aus den Anfangsbuchstaben der lateinisch-hebräischen Stadtnamen „Schpira“ für Speyer, „Warmaisa“ für Worms und „Magenza“ für Mainz bildete sich der Oberbegriff „SchUM“.

Seit dieser Zeit ist „SchUM“ praktisch ein Synonym für die reiche jüdische Gelehrsamkeit, die von den drei Rhein-Städten aus in weite Teile Europas ausstrahlte und bis heute nachwirkt.

Etwas weniger sachlich formuliert, klingt das dann in den Worten von Rabbiner Isaak ben Mose, geboren um 1180, so: „Wie sehr gehören unsere Lehrer in Mainz, in Worms und in Speyer zu den Gelehrtesten der Gelehrten, zu den Heiligen des Höchsten. Von dort geht die Lehre aus für ganz Israel“.

Lange Zeit war diese immense Bedeutung von „SchUM“ und „Magenza“ weitgehend in Vergessenheit geraten, denn so glanzvoll die Geschichte unserer jüdischen Gemeinde war, so leidvoll war sie auch: Es ist eine Geschichte, die von Wissen, Weisheit und Ansehen ebenso erzählt wie von den schrecklichen Pogromen des Mittelalters und schließlich der großen Katastrophe des Holocaust in der NS-Zeit.

Umso kostbarer muten uns aber heute noch die Orte, Bauten und Zeugnisse an, die überdauert haben. In Mainz sind das vor allem die Grabsteine des alten jüdischen Friedhofs. Weitere herausragende bauliche Überreste finden sich in Speyer und Worms, aber erst alle drei Städte gemeinsam lassen die Aura des geistigen und religiösen jüdischen Lebens noch heute erahnen und vor unseren Augen lebendig werden.

Aus diesem Grund haben wir uns – die Stadt Mainz gemeinsam mit Speyer und Worms – in einem Verein, dem „SchUM-Verein“, zusammengeschlossen und einen Antrag auf Aufnahme der „SchUM“-Städte in die UNESCO-Welterbeliste gestellt. Wir rechnen uns gute Chancen aus, dass unser Antrag 2020 von der UNESCO angenommen wird. Das Land Rheinland-Pfalz unterstützt uns hier nach Kräften.

Für Speyer, Worms und Mainz wäre der Welterbe-Titel eine große Chance – allein schon mit Blick auf das wirtschaftliche und touristische Potential, das damit verbunden wäre. Aber dieser erfreuliche Werbeeffekt ist nur eine Seite der Medaille. Die andere, viel glänzendere Seite ist die enorme Schubkraft, die unser Wissen um die Bedeutung von „SchUM“ als Wiege des europäischen Judentums bekäme.

Füllen wir also unseren Antrag mit Leben und lassen wir den Funken der Begeisterung für „SchUM“ von der Wissenschaft und Verwaltung auf die Bürgerschaft überspringen! Ich bin mir sicher, dass das gelingen wird, denn wer sich einmal näher mit dem Thema befasst hat, der wird mir zustimmen: Die jüdischen Vorväter in Mainz schrieben ein besonders faszinierendes Kapitel unserer Stadtgeschichte und legten den Grundstein für großartige kulturelle, architektonische und religiöse Leistungen.

Den Schatz, den sie uns hinterließen, gemeinsam zu heben, darum wird es in den kommenden Monaten und Jahren bei Veranstaltungen, Diskussionen, Ausstellungen, Führungen und Publikationen gehen.

Eine faszinierende Rückschau – keine Frage! – aber eine mit unmittelbarem Bezug auch zum Hier und Heute. Denn das Thema, wie Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit in gegenseitiger Toleranz, Achtung und Frieden zusammenleben können ist sehr aktuell.

Unterstützen Sie daher unseren UNESCO-Welterbe-Antrag mit Ihrem Interesse und Ihrer Mitwirkung! Unsere Stadt Mainz hat eine reiche, beeindruckende Geschichte – lernen wir sie gemeinsam kennen!

Ihr

Michael Ebling