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„Die Sonntagsmesse ist das Lebensmittel der Gemeinde“ Gespräch mit dem leitenden Pfarrer der Pfarrgruppe Mainz-Hechtsheim/Ebersheim

Pfarrer Tobias Geeb an der Eingangstür von St. Pankratius in Hechtsheim - Foto: Ulrich Nilles

HECHTSHEIM/EBERSHEIM – Mehrere Wochen waren Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und anderer Glaubensgemeinschaften untersagt. In engem Schulterschluss mit der Bundes- und den Landesregierungen hatten die großen Religionsgemeinschaften in Deutschland dieser Maßnahme zugestimmt. Als Mitte April 2020 allgemeine Lockerungen der Corona-Beschlüsse diskutiert wurden, erarbeiteten auch die Religionsgemeinschaften Konzepte, um gemeinsames Gebet wieder zu ermöglichen. Unter strenger Berücksichtigung der Hygiene- und Abstandsregeln.

Über dieses Themenfeld sprach „Journal LOKAL“ mit Pfarrer Tobias Geeb.

Herr Pfarrer Geeb, Gotteshäuser sind besonders in Notsituationen Zufluchtsorte. Wie haben die Menschen auf das Versammlungsverbot reagiert?

Foto: Ulrich Nilles

Der Letze öffentliche Gottesdienst in meiner Pfarrei St. Pankratius in Hechtsheim war bezeichnenderweise eine Messe, die bei einem Radiosender, Radio Horeb, übertragen wurde. Das war eine große Sache und auf einmal war es sehr still. Das Versammlungsverbot hat uns kalt erwischt. So etwas hätte ich mir nicht vorstellen können. Ich durfte in der Kirche mit nur fünf Personen die Kar- und Ostergottesdienste feiern. Allerdings ist unser Kirchenraum wie immer tagsüber aufgeblieben. Dafür sind die Menschen dankbar. Bei uns brennen zurzeit viel mehr kleine Kerzen als sonst, die die Menschen in ihren Sorgen entzünden.

Mit den zunehmenden Wochen gab es allerdings immer mehr, die den gemeinsamen Gottesdienst und die Feier der Sakramente vermisst haben.

Kirchen bieten Menschen bei dem Verlust von Angehörigen Halt. Geben Sie uns einen kleinen Einblick in solche Trauersituationen während der Corona-Zeit.

Erstaunlicherweise gab es in der Zeit der harten Beschränkungen bei uns nur ganz wenige Sterbefälle. Alle waren ja sehr vorsichtig. Die Trauergespräche mussten vor einigen Wochen noch ausschließlich telefonisch geführt werden. Die Zahl der Angehörigen war anfangs auf fünf Personen beschränkt. Alles musste kurzgehalten werden und draußen sein. Ich war auch im Gespräch mit Menschen, die ihre kranken und alten Angehörigen in Einrichtungen nicht besuchen durften und darunter sehr gelitten haben. Das ist auch als Seelsorger schwer zu ertragen.

Viele Einrichtungen des öffentlichen und privaten Lebens sind zur Überbrückung der Einschränkungen kreativ geworden. Trifft dies auch für Ihre Pfarrei zu?

Ich bin dankbar, in einem tollen Pfarrteam zu arbeiten. Wir haben unsere Fähigkeiten zusammengeworfen und einen YouTube-Kanal für die Pfarrgruppe eingerichtet. Das Motto: GOTT@home – Gott bei dir zu Hause. Mittlerweile haben wir gut 300 Abonnenten. Die Sonntagsmesse wird jede Woche live gestreamt und es gibt wöchentlich thematische Videoclips zu christlichen Themen. Auch unsere Sitzungen fanden digital statt. Planung, Beratung und Verwaltung muss ja weiterlaufen. Aber es ging auch analog einiges anders: In der Kirche gab es Fürbittboxen. Pfarrjugendliche aus Ebersheim haben einen Einkaufsdienst angeboten. Unsere drei Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft haben während der ganzen Zeit einen Notdienst angeboten und mit allen Kindern über persönliche Briefe und Päckchen Kontakt gehalten.

Wie kamen die getroffenen Maßnahmen an?

Die Reaktionen waren überwiegend positiv. Ich erlebe die Menschen als offen und dankbar. Das kam für mich in einer besonderen Aktion zum Ausdruck. Mit Kreide war vor das Pfarrhaus in großen Buchstaben ein Wort geschrieben: DANKE! Das gleiche Wort stand auch vor der Bäckerei. Darüber haben wir uns gefreut!

Strenge Abstandsregeln im Gang und in den Kirchenbänken – Foto: Ulrich Nilles

Seit dem 4. Mai dürfen wieder Gottesdienste gefeiert werden. Wie ist die Resonanz auf die Wiedereröffnung der Gotteshäuser?

Pfarrvikar Ciprian Tiba und mir war es wichtig, gemeinsam mit beiden Pfarrgemeinderäten ein Schutz- und Sicherheitskonzept für die Öffnung der Gottesdienste zu erarbeiten, das von allen mitgetragen werden kann. Lebensmittelgeschäfte waren während der Krise selbstverständlich immer auf. Das ist ja auch lebensnotwendig. Die Feier der Sonntagsmesse ist das Lebensmittel der Gemeinde. Die Vorsichtsmaßnahmen, die wir mit einem Team von Helfenden genau nach den Vorgaben der Regierung und des Bistums umsetzen, ermöglichen eine Feier in Sicherheit und ohne Angst. Wir merken nun, dass sich immer mehr Menschen trauen, sich anzumelden. Es spricht sich herum, dass die Gottesdienste auch musikalisch ansprechend gestaPfarrltet, die Blumen besonders schön und die Ordner an der Tür besonders nett sind. Wir geben uns Mühe. Gott ist es wert.

Geben Sie uns einen hoffnungsvollen Ausblick für die nahe Zukunft.

Es gibt keinen zweiten Lockdown, weil die Menschen wissen, dass Corona keine Ferien macht. Wir werden es als das größte Geschenk erfahren, Weihnachten zusammen mit der Familie feiern zu können. Und die Kirchentüren bleiben offen.

Herr Pfarrer Geeb, Journal LOKAL bedankt sich herzlich für das Gespräch und wünscht Ihnen Gottes Segen bei Ihrer seelsorgerischen Arbeit.

Die Fragen stellte Ulrich Nilles