Start Mainz-Bretzenheim Die Planungen beginnen wieder bei Null

Die Planungen beginnen wieder bei Null

Die Bahnstraße soll umgestaltet werden. Dazu muss eine Kompromisslösung gefunden werden, die möglichst viele Interessen berücksichtigt. Archivfoto: Oliver Gehrig  

BRETZENHEIM – Pro Fußgängerzone und contra Fußgängerzone: Verhärtet waren die Fronten in Bretzenheim beim Thema Umgestaltung der Bahnstraße im Ortskern. Nun hat die Verwaltung den Ball an die Bürgerinnen und Bürger weitergegeben und eine Bürgerbeteiligung ausgerufen, um eine Lösung für den Ortskern zu finden. Mehr als 100 Interessierte kamen zum ersten Treffen der neuen Bürgerbeteiligung und diskutierten im Gemeindezentrum St. Bernhard die ersten Schritte.

„Das Thema Verkehr im Ortskern ist hoch sensibel und emotional“, sagte Ortsvorsteherin Claudia Siebner (CDU) zu Beginn, die zum Treffen eingeladen hatte. „Wir starten ein neues Konzept.“ Der Prozess soll bis Oktober abgeschlossen sein und für den kleinen Teilbereich des Ortskerns von der Rathausstraße bis zur Bahnstraße eine Kompromisslösung gefunden werden. Auf Dialog statt Debatte setzt dabei Monika Snela-Deschermaier vom Verein „Bretzenheim gestalten“, die an die Kompromissbereitschaft und den gegenseitigen Respekt der Teilnehmer appellierte und die Moderation übernahm. Ein ergebnisoffener Dialog soll geführt und nicht zurückgeschaut werden. Die bekannten Fakten fließen in die Planungen ein: Die Bahnstraße passieren täglich rund 1200 Kfz und 1150 Radfahrer, die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt 16 bis 17 km/h. Nach dem Masterplan Klimaschutz soll Mainz bis 2035 klimaneutral werden. Auch die 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung sollen berücksichtigt werden.

Folgende Möglichkeiten haben die Bürgerinnen und Bürger, um sich zu artikulieren und ihre Ideen und Wünsche in die Planungen einfließen zu lassen: Zunächst wurden beim ersten Treffen Mitmachbögen ausgefüllt und eine „Wand der Wünsche“ kreiert. Später sollen vier Interessengruppen gebildet werden, die sich dann in Projektgruppen zusammensetzen und die Ergebnisse auf den Plenartreffen vorstellen. Die vier Interessengruppen setzen sich aus den Bereichen 1) Anwohner, 2) Kinder, Jugend, Familien und Senioren, 3) Umwelt und Verkehrsteilnehmer sowie 4) Gewerbetreibende zusammen. Mehrfachteilnahmen in mehreren Gruppen sind möglich, wenn die jeweiligen Interessen vertreten werden. Der weitere Zeitrahmen: Der erste Workshop für die Projektgruppen startet am 13. Mai. Das Plenum mit Vertretern der Stadt findet am 22. Juni statt. In den Sommerferien sollen dann die Vorschläge von den städtischen Ämtern ausgearbeitet werden. Das abschließende Votum zur Neugestaltung dieses kleinen Teilbereiches des Ortskerns findet am 15. Oktober statt.

In einem Dialog hatten jetzt beim ersten Treffen die Teilnehmenden schon einmal die Möglichkeit, ihre Wünsche offen und anonym zu äußern. Dabei wurden die unterschiedlichen Interessen deutlich. Einer forderte, die Attraktivität des Ortskerns im Blick zu behalten. „Bretzenheim darf keine Schlafstadt werden.“ Eine Frau forderte, dass Kinderwagen, Rollstühle und Einkaufswagen sicher im Ortskern bewegt werden können. Mehr öffentlichen Raum für Feste und Straßengastronomie wünscht sich ein anderer. „Das Auto hat einen Großteil des öffentlichen Raums eingenommen.“ Raum zum Einkaufen, Wohnen und Leben wünscht sich eine weitere Diskussionsteilnehmerin. „Die Gewerbetreibenden leben nicht nur von den Bretzenheimern, sondern auch von auswärtigen Kunden“, sagte eine Einzelhändlerin. „Diese müssen uns erreichen können.“ Mehr Begegnungsmöglichkeiten im Ortskern für alle Generationen wünscht sich ein anderer. Eine Anwohnerin forderte ein, ihre Einfahrt ungestört von Falschparkern nutzen zu können. „Die verkehrsberuhigte Zone wird als solche nicht wahrgenommen“, sagte ein anderer. Diese müsste mit Blumen und Bänken gestaltet werden. An das Erreichen der Klimaschutzziele erinnerte ein anderer. „Wir müssen unser Umweltverhalten umstellen.“ Eine Anwohnerin äußerte die Vision, eine große Tiefgarage bauen zu lassen. Schließlich forderte der Feuerwehrchef, dass die Brandschützer mit ihren großen Wagen die Straßen weiter gut passieren können. „Die Feuerwehr muss durchkommen.“

Erfreulich war, dass die Diskussion diesmal im Gegensatz zur Bürgerinformation im vergangenen Jahr in der TSG-Halle (wir berichteten) sachlich und moderat verlief. Nun muss ein vernünftiger Kompromiss für den Ortskern gefunden werden.

Autor: Oliver Gehrig